ZEN ist einfach nur der Schlüssel, der das Tor zu unserer umfassenden Fähigkeit zur Güte öffnet. Oftmals ist das eine bittere Wahrheit. Sie verlangt, sich auf die Person einzulassen, die wir sind, darauf, was wir denken, was wir sagen und was wir mit unseren Körpern tun. Wir müssen gründlich sein; jeden Tag müssen wir in jedem Moment gründlich wir selbst sein, ohne dafür etwas zu erwarten. Wir müssen das tun, um diesen dünnen Schleier der Illusion zu durchdringen, der uns von unserer unbegrenzten, spontan verfügbaren Güte trennt.
Das unbewegte Sitzen Buddhas ist nicht einfach nur Unbewegtheit und Schweigen, sondern Stille, absolute Präsenz. In einer solchen Präsenz existiert auch nicht die geringste Einmischung in das, was geschieht. Es ist eine körperliche und geistige Nichteinmischung in unsere Erfahrung. Es ist tiefes Vertrautsein mit allem, was geschieht. Dieses Sitzen verwirklicht eine unbegrenzt anpassungsfähige Unbewegtheit, die sich auf die unbeständige Natur der Dinge einlassen kann und sich mit allen Situationen in Einklang zu bringen versteht.
Reb TenShin Anderson: »Ein warmes Lächeln vom kalten Berg«
Hongzhi Zhengjue
IM ZEN nennen wir das Sitzen in Stille zazen, was wörtlich übersetzt »Sitzen in Versunkenheit« bedeutet. Den Worten von Dōgen Zenji zufolge ist das Sitzen ein Zustand gedankenfreier, hellwacher Aufmerksamkeit, die weder auf einen Gegenstand gerichtet noch an einem Geistesinhalt angehaftet ist. Zen ist weder eine Theorie, eine Idee, noch ein intellektuelles Wissen, sondern zunächst einmal eine Praxis, nämlich die des »richtigen Sitzens« und in ihrer Folge ein Leben in der Gegenwärtigkeit. Eine innere Umwälzung wird durch die Ausübung von Zazen herbeigeführt. Es entsteht eine tiefe Weisheit, deren Kern wir nicht allein durch logisches Denken erlangen können.
Körperhaltung Berühre mit den Unterschenkeln den Boden, die Füße sind angewinkelt, spüre die Sitzbeinhöcker, prüfe, ob dein Gewicht gleichmäßig zwischen beiden Höckern verteilt ist, fühle, dass die Wurzel in der Ganzheit deines Körpers eingeschlossen ist. Das Becken ist leicht nach vorne geneigt, Rumpf und Kopf sind aufrecht und dabei so entspannt wie möglich. Die Augen sind halb geschlossen, der Blick sinkt einen Meter vor dir auf den Boden. Die Zungenspitze liegt unterhalb des Gaumens. Das Antlitz lächelt. Die linke Hand liegt in der rechten Hand, wobei die Handflächen nach oben zeigen. Die Daumen sind waagerecht und berühren einander sanft, wobei die beiden auf den Oberschenkeln ruhenden Hände den Unterbauch etwa zwei Fingerbreit unterhalb des Nabels berühren. Jede Einzelheit der Körperhaltung birgt eine tiefe Bedeutung. Denn alle Teile des Körpers hängen voneinander ab und wirken aufeinander ein. Die Haltung des Köpers zeichnet sich durch eine besondere Festigkeit aus. Erschlafft die Haltung, richtet sich der Körper sanft wieder auf. Im Verlauf der gesamten Übung wird der Körper laufend wahrgenommen.
Atmung Lass deinen Atem geschehen. Erlebe das Kommen und Gehen des Atems. Lass Deinen Atem fließen. Es genügt, den Atemverlauf durch den Körper zu verfolgen. Erspüre, wie sich dein Bauch, deine Bauchdecke und dein Brustkorb bewegen. Gibst du dich der Ausatmung hin und lässt dich von der Einatmung erfüllen, in einem ausgeglichenen Kommen und Gehen, so bleibt von dir nichts weiter übrig als ein Kissen unter dem leeren Himmel, mit dem Gewicht einer flackernden Flamme.
Geisteshaltung So wie eine rechte Atmung allein aus der rechten Körperhaltung hervorgehen kann, beruht der rechte Geisteszustand auf einer tiefen Konzentration auf Körperhaltung und Atmung. Sei geistig gegenwärtig, das bedeutet, achte darauf, nicht ins Träumen oder Dösen zu verfallen. Versuche nicht, deinen Geist zu beruhigen oder keine Gedanken mehr zu haben. Sitze bloß, um zu sitzen. Sämtliche Gedanken, Gefühle und Empfindungen gilt es in ihrer jeweiligen Gegebenheit zu betrachten und als solche wertfrei anzunehmen. Betrachten, annehmen und schließlich heimfinden zur Übung, etwa das Zählen des Atems, das Beobachten des Atems, die Beschäftigung mit dem Koan oder reines Gewahrsein oder was auch immer (deine) Übung sein mag. Man stelle sich ein treibendes Boot vor, das mit der Strömung auf einem Fluss schwimmt. Ähnlich wie dieses Boot ist ein Gedankengang. Du brauchst nicht im Boot zu sitzen. Aber vom Rand des Ufers aus beobachtet man das Treiben, und vielleicht gibt man dem Geschehen einen Namen: »Ärger«, »Enttäuschung« oder »Vergangenheit«, »Zukunft« usw. Lasse den Gedanken gewähren und kehre zu deiner Übung zurück. Lass das Vertrauen in deinen Weg stets in dir aufkeimen, und sei dir dessen gewiss, dass deine Übung in dir und zugleich für den Kosmos einen sinnvollen Unterschied macht.
Zazen beeinflusst das ganze Wesen, also Körper und Geist. Regelmäßiges Üben schärft und vertieft das Verständnis für das eigene Leben, welches sich dann in jeder täglichen Handlung ausdrückt. Waltet bei jeder Handlung im Leben derselbe offene und klare Geist, dann ist zumindest der Versuch möglich, im Einklang mit den jeweiligen Umständen zu sein. Genau wie beim Zazen können wir nun völlig im Augenblick, in der Fülle des Hier und Jetzt, präsent sein. Unser Geist ist in Frieden, ohne Verwicklungen, ohne Berechnung, ohne Angst. Die Selbstsucht klingt ab, wir lernen, uns als Teil eines Ganzen zu erkennen und zu fühlen, und wir folgen dem Lauf des Lebens. Dies erleichtert die Beziehungen zu anderen Menschen und macht sie besser verständlich. Mitgefühl und Weisheit treten im täglichen Handeln zutage. So können wir das Wesentliche und das einfache Leben selbst finden. Zazen verkörpert eine erwachsene Form des Lebens. Es ist das wahre Glück, die wahre Freiheit. Fragt jemand, was wahres Zen ist, so ist es nicht nötig, den Mund zu öffnen, um es zu erklären. Im Alltag gilt es, alle Aspekte von Zazen zu verwirklichen (siehe Film), sie wirken in jedem Augenblick auf all dein Handeln ein. Sodann wird der Frühlingswind wehen und die wunderbare Blüte des Kirschbaums aufblühen – und du wirst Buddha sein.
BEIM BOGENSCHIESSEN wird eingeübt die Konzentration auf jeden Augenblick, konkret in der korrekten Übung des Sitzens, des achtsamen Gehens, im präzisen Umgang mit dem Bogen, und zwar als traditionelles intuitives Schießen, d. h. ohne technische Hilfsmittel.
»Zielen ohne zu zielen«, trifft am besten den Kern der Übung.
Die Anzahl der Treffer spielt eher eine Nebenrolle. Das Schießen auf Tierbilder, das Zählen von Punkten, das Austragen von Meisterschaften überlassen wir gerne den Bogenschützenvereinen. Aber auch beim Zen-Bogenschießen hat das Treffen einen hohen Stellenwert und die stetige Übung des präzisen Umgangs mit dem Bogen, dient auch diesem Ziel. Der Schwerpunkt jedoch liegt auf der geistigen Ebene.
Mit dem Bogen üben wir die Einspitzigkeit unseres Geistes. Das Sein ist wichtiger als das Haben, der Prozess entscheidender als das Ergebnis auf der Scheibe, Loslassen hat Priorität vor dem Ankommen.
Wir üben uns ein in Aufrichtung und Präsenz, in Schulung der Achtsamkeit für uns selbst und Andere, in Freundlichkeit und Mitgefühl. Das spiegelt sich auch nach diesen Übungstagen in unserem alltäglichen Sein und Handeln wieder. Wir erleben uns, als Übende auf dem Weg. Schritt für Schritt .….
(Teisho)
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